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China für Dummies

Auf den ersten Blick ist China ein sehr westlicher, kapitalistischer Staat. Nur langsam stellt sich ein Kulturschock ein (wenn man beispielsweise in einer öffentlichen Toilette plötzlich einem Chinesen auf einer offenen Hocktoilette gegenüber steht). Aber ich greife vor – hier die Besonderheiten Chinas aus der Sicht eines westlichen Touristen.

Straßenverkehr

  1. Auch wenn es Straßenspuren gibt, so sind diese offensichtlich nicht verpflichtend – nicht für Autos, und schon gar nicht für Motorräder.
  2. Zumindest in Peking ist man sich des Problems der Luftverschmutzung (siehe unten) anscheinend teilweise bewusst: Ich habe dort kein einziges mit Benzin betriebenes Motorrad gesehen, alle haben Elektroantrieb.
  3. Ist man auf Chinas Straßen unterwegs, braucht man eine gewisse Unerschrockenheit und Coolness. Man kündigt Überholvorgänge einfach mit der Lichthupe an oder hupt vor unübersichtlichen Kurven im Bergland – ein Reduzieren der Geschwindigkeit ist nicht notwendig, der Gegenverkehr weiß durch diese Maßnahmen ja, dass man kommt.
  4. Ebenso sind gewisse Sprachkenntnisse von Vorteil. Im Raum Peking sind ja noch alle Straßenschilder auch mit der Pinyin-Umschrift versehen; in ländlicheren Gegenden ist dem nicht so. Da kann man dann schon einmal ratlos an Autobahn-Wegweisern voller chinesischer Schriftzeichen vorbeifahren, und muss darauf hoffen, dass zumindest die Sehenswürdigkeiten auch in Pinyin angeschrieben sind.

Wirtschaft und Umwelt

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Wohnhäuser in Bau

  1. China boomt. Das merkt man allein daran, dass überall hohe Wohnbauten aus dem Boden schießen. Verblüffenderweise sind teilweise die Straßen zwischen den Gebäuden nicht existent (sondern nur Matsch), und teilweise sind auch keine Arbeiter oder irgendeine Bautätigkeit zu entdecken. Unser Reiseführer hat uns trotzdem bei jedem dieser Bauprojekte versichert, dass dort schon in wenigen Monaten jemand einziehen wird.
  2. Bei manchen dieser Wohnkomplexe wäre es auch wirklich schade, wenn sie leer stehen würden. Einer hatte beispielsweise eine besonders idyllische Aussicht direkt auf die Kühltürme des daneben liegenden Atomkraftwerks.
  3. Die klischeehaften Baugerüste aus Bambus habe ich allerdings nur in Hongkong entdecken können – dort dafür mehrfach.
  4. Arbeitslosigkeit gibt es anscheinend keine in China. Wenn es keine Arbeit gibt, dann werden die Leute halt damit beschäfigt, dass sie am Rand einer mehrspurigen Straße mit (aus Zweigen und Ästen selbst gebundenen) Besen den Staub aufkehren.
  5. Bei einem solchen Boom kann man sich natürlich nicht immer um die Umwelt kümmern. Das Resultat ist eine (insbesonders im Nordosten) unglaubliche Luftverschmutzung. Aber vermutlich muss man das positiv sehen: Man sieht zwar nicht den Sonnenuntergang, dafür ist die Sonne bereits am Nachmittag blutrot gefärbt.

Bräuche und Gepflogenheiten

Ein typischer Chinese hat – so scheint es – einige Eigenheiten:

  1. Bei rund 1,4 Milliarden Landsleuten muss man offensichtlich schauen, wo man bleibt. Darum wird das Drängeln und Vordrängen zum Volkssport.
  2. Zwar nimmt es noch nicht georgische Maßstäbe an, aber Rauchen ist in China auch sehr beliebt – durchaus auch im Schlafwagen am Zug. In gewissen Sinn ist es auch verständlich, denn schlechter kann die Luftqualität ohnehin kaum werden.
  3. Trotzdem ist der Chinese sehr besorgt um seine Gesundheit. Wenn sich also beispielsweise Schleim im Rachen angesammelt hat, dann muss der raus – am besten mit einem lauten, kehligen Chrrr-p!.
  4. Im Schlafwagen steht für solche Zwecke anscheinend sogar ein extra Plastikbehälter zwischen den einzelnen Waggons bereit.
  5. Als weitere Gesundheitsmaßnahme gibt es allmorgendliche und -abendliche körperliche Ertüchtigung im Park oder auf dem Gehsteig: Das reicht von Qigong-, Taiji- und Kung-Fu-Übungen bis hin zu – ich kann es nicht anders beschreiben – Square Dance auf Chinesisch.
  6. Dass Seife auf der Toilette der Gesundheit mitunter auch zuträglich wäre, dürfte sich jedoch noch nicht herumgesprochen haben. Immerhin sind alle öffentlichen Toiletten gratis. Für manche ist aber selbst das noch zu teuer.
  7. Es ist offensichtlich ganz normal, als Mann das T-Shirt bis knapp unter die Brustwarzen hochzukrempeln und seinen (Bier-)Bauch zu präsentieren. Auch eine Bergwanderung im Anzug, aber ohne Hemd, erregt nicht weiter Aufsehen.
  8. Ist man jedoch westlicher Tourist (insbesondere weiblich mit langen, blonden Haaren) wird man mitunter unverfroren angestarrt (und eventuell auch fotografiert).
  9. Die chinesische Führung ist sich bewusst, dass manche dieser Eigenheiten auf Ausländer befremdlich wirken können. Daher gibt es tatsächlich eine "Konvention über das zivilisierte Benehmen von Chinesen bei Reisen im Land":

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  10. An obigen Schilderungen merkt man: Nicht alle Chinesen halten sich an diese.

Kommunikation

  1. Chinesen lieben ihr Smartphone. Kommuniziert wird entweder über das chinesische Äquivalent von WhatApp, WeChat, oder "altmodisch" per Telefongespräch. Bei letzterem ist es aber anscheinend wichtig, das Telefon im 90-Grad-Winkel vom Kopf wegzuhalten. Dass dabei dann auch einmal in die Seite mit dem Lautsprecher hineingesprochen wird, scheint nebensächlich.
  2. Wenn man sich jedoch die durchschnittliche Lautstärke, mit der Chinesen miteinander kommunizieren, vor Augen hält, erkennt man, dass wohl auch noch der Nachbar das Telefon in beliebiger Haltung in der Hand haben könnte, und der Gesprächspartner würde alles mitbekommen.
  3. Will man sich als Ausländer mit Chinesen unterhalten, braucht man entweder Chinesisch-Kenntnisse oder zumindest eine Übersetzungs-App wie Google Translate. Die ist zwar auch nicht perfekt, aber manchmal funkioniert sie ganz gut (und kann sogar mit der Kamera aufgenommene Texte "live" am Display übersetzen). Wenn es nicht so gut funktionieren sollte, hat man bei den Übersetzungsversuchen zumindest etwas zu lachen.
  4. Ebenso etwas zu lachen (oder auch zu rätseln) hat man bei manchen der englischen Aufschriften. Das betrifft sowohl T-Shirt-Aufdrucke (bei denen ich mir nie sicher war, ob Texte wie Wasted Yoush und Michean Uackson (sic!) ein Unfall oder Absicht waren) als auch Hinweisschilder (die doch hin und wieder zu finden sind, vor allem in den touristischen Gegenden). Bei letzteren reicht das Spektrum von philosophisch anmutenden Texten …

    Courtesy shows moral quality, civilized behavior is appreciated.


    … über recht amüsante, aber noch verständliche Übersetzungsversuche …

    Go to work time so: At 8 o'clock 15 points, Technology from work: At 17 o'clock 30 points,


    … bis hin zu komplett rätselhaften Aufschriften.

    Front of the meter, slide sections, rapid adoption


    Manche Übersetzungsversuche gehen auch so sehr schief, dass dann schon fast wieder ein philosophischer Text entsteht:

    The grass is also a long step into thinking.

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