Icefield Parkway
Heute haben wir unseren landschaftlich schönsten Fahrtag gehabt – und prompt war das Wetter ein wenig schlechter als bisher, wo wir ja wirklich immer großes Glück gehabt haben. So war das Panorama vielleicht nicht ganz so beeindruckend, aber im Großen und Ganzen konnten wir uns über das Wetter wirklich nicht beklagen, wie wir im Laufe des Tages noch feststellen sollten.
Wir sind also bei bedecktem Himmel von Banff nach Norden gefahren, und kurz vor Lake Louise auf den Icefield Parkway eingebogen, der Banff mit Jasper verbindet, und eben, wie der Name schon sagt, am (Columbia) Icefield entlang führt. Entlang der Strecke gibt es Dutzende Plätze, wo sich ein Stopp lohnen würde; bei nur einem Tag auf dieser Route muss man sich aber die Rosinen aus dem Kuchen picken, und nur einige Stopps, die dafür mit etwas größerer Dauer, einlegen.
In unserem Fall war der erste (recht kurze Foto-)Stopp beim Crowfoot Glacier, dem ersten größeren Gletscher, den wir auf der Route entdeckt haben. Wenig später haben wir für etwa eine halbe Stunde beim Bow Summit Halt gemacht, und von dort aus den Peyto Lake bewundert, einen (türkisfarbenen) Gletschersee. Leider befindet sich gleich neben der Aussichtsplattform der Busparkplatz für die anscheinend allgegenwärtigen japanischen Touristenbusse, sodass wir nach einigen Minuten von einer Gruppe Japanern regelrecht überrannt worden sind. Man muss halt doch ein wenig abseits der Touristenpfade unterwegs sein, um die wahre Wildnis und Einsamkeit genießen zu können.
Die Einsamkeit haben wir dafür bei unserem nächsten Stopp eine Stunde später gefunden, obwohl auch dort ein Parkplatz in unmittelbarer Nähe zu finden ist: Beim Mistaya Canyon waren wir ganz alleine, und so konnten wir diesen beeindruckend engen und gleichzeitig tiefen Canyon samt der dazugehörigen Stromschnellen in Ruhe begutachten.
Bei der Saskatchewan River Crossing haben wir danach unsere Lunchpause gehalten, bevor wir (zumindest einige von uns, darunter auch ich) beim Parker Ridge eine knapp einstündige Wanderung unternommen haben. Der Ausblick auf den Saskatchewan Glacier am Ende des Trails war zwar etwas wolkenverhangen, aber trotzdem hat sich die kurze Wanderung gelohnt. Bei schönerem Wetter ist der plötzlich hinter einer Bergkuppe auftauchende Gletscher vermutlich sogar noch beeindruckender.
Athabasca Glacier
Um 14.30 Uhr – gleich nach unserer Ankunft im Jasper National Park – hat schließlich der Höhepunkt des Tages begonnen: unsere Gletscherwanderung auf dem Athabasca Glacier. Bereits bei der Anfahrt konnten wir sehen, was von unserem Führer später noch bestötigt wurde: Der Gletscher befindet sich schon lange auf dem Rückzug; zur Zeit sind es etwa zwei bis drei Meter pro Jahr, in "Spitzenzeiten" zwischen den 1950er und den 1970er Jahren waren es mitunter auch schon dreißig Meter oder mehr in nur einem Jahr, die der Gletscher zurückgewichen ist.
Bereits am Fuße des Gletschers war ich über die Unmengen an Schmelzwasser erstaunt, die unter dem Gletscher herausgeschossen sind. Andererseits war es (da Sommer) ja auch ziemlich warm, also ist ein Schmelzen des Gletschers nicht weiter verwunderlich; bemerkenswert waren meines Erachtens nur die unglaublichen Wassermassen, die dabei offensichtlich freigesetzt werden.
Noch bevor wir den Gletscher betreten haben, haben wir zuerst einen Blick unter die Eismassen geworden, die dort wunderschön blau schimmmern. Überhaupt ist es so, dass überall dort, wo die oberste Schmutzschicht entfernt ist (etwa durch herabfließendes Schmelzwasser), eine solche Blaufärbung sichtbar wird. Am Gletscher selbst muss man bei aller Bewunderung dieser blauen Gletscherspalten allerdings Acht geben, nicht in eine solche hinein zu fallen – wie uns unser Führer mit Hilfe eines Steines demonstriert hat, sind solche Gletscherspalten, obwohl von oben recht unscheinbar, schnell einmal dreißig Meter (oder sogar mehr) tief.
Bei unserem Führer waren wir aber in guten Händen, und wir sind ihm auch brav im Gänsemarsch gefolgt, nur das Knirschen unserer Steigeisen beim Ins-Eis-Bohren im Ohr und die scheinbar endlose Weite des Gletschers vor Augen. Während wir so am Gletscher gewandert sind, hat sich auch wieder unser sprichwörtliches Wetterglück gezeigt: Der Wolken haben aufgerissen, der Himmel wurde zunehmend blau, und einige Sonnenstrahlen haben es tatsächlich durch die kurz vorher noch sehr dichte Wolkendecke geschafft. Aufgrund des tollen Panoramas, besonders bei dem (wieder) nahezu traumhaften Wetter, sind die knapp drei Stunden unserer Gletscherwanderung für meinen Geschmack daher viel zu schnell vorbei gegangen.
Trotzdem (oder gerade deswegen) war dieser Ausflug jeden Cent der 45,– CAN (damals etwa 30,– €) wert, und ich würde jedem Besucher des Athabasca Glacier empfehlen, eine solche Wanderung (wenn möglich) einer Fahrt in einem der riesigen Schneemobile vorzuziehen. Diese karren die Touristen nämlich in Scharen zu ein und demselben Punkt am Gletscher, wo man kurz einmal aussteigen darf, bevor es wieder zurück geht. Man bekommt so zwar (vermutlich) auch einen Eindruck vom Gletscher, ungleich beeindruckender ist aber (vermutlich, weil ich ja keinen Vergleich habe) eine längere Wanderung direkt von der Gletscherzunge hinauf.
Nach diesem langen Stopp war es bereits 17.00 Uhr, sodass sich nur noch ein weiterer kurzer Stopp bei den Athabasca Falls, sehr mächtigen Wasserfällen, ausgegangen ist. Der hat sich dafür wirklich ausgezahlt, auch wenn es bis dahin schon wieder ein wenig zugezogen hat.
Wie wir gegen 19.00 Uhr in Jasper, dem Hauptort des gleichnamigen Nationalparks, angekommen sind, hat es bereits geregnet, und so haben wir in aller Eile unsere Zelte im strömenden Regen aufgestellt. Aufgrund der widrigen äußeren Umstände war ich dann nach dem Abendessen auch schon bald im Bett (bzw. im Schlafsack).