Heute fliege ich schon wieder zurück nach New York, daher wird es Zeit für einen Rückblick auf die Besonderheiten von Costa Rica abseits des Touristenalltags.
Grundsätzliches
Costa Rica ist im Vergleich zu den anderen Staaten Mittelamerikas verdammt teuer. Die Ticos sind es aber offensichtlich gewöhnt, für alles zahlen zu müssen – inklusive dem Klogang (überlicherweise zwischen 100,– und 200,– Colones, also rund 15 bis 30 Euro-Cent). Das geht sogar so weit, dass sie vor Mobilklos (!) beim Eingang zum Nationalpark fragen, wo man denn dafür zahlen könne.
Sprachliche Besonderheiten
- Die informelle Anrede, das "tú", existiert hierzulande nicht. Es wird ausschließlich die höfliche Anrede, das "usted", verwendet. Selbst eine Mutter siezt also beispielsweise ihre Kinder.
- Eine "mango" ist hier die noch unreife, grüne Frucht, die mit Salz gegessen wird. Das, was wir als Mango kennen, heißt hier "manga". Wie japanische Comics hierzulande bezeichnet werden, ist mir nicht bekannt – aber es sind ja noch drei Vokale frei.
- Ein Kipferl heißt hier (aus mir unbekannten Gründen) "cangrejo" (spanisch für "Krebs").
Fernsehen
- In Costa Rica gibt es eine interessante Art zu zählen, zumindest was die Fernsehlkanäle betrifft. Es gibt nämlich Kanal 4, 6, 7 und 11.
- Man kann nahezu eine komplette Folge einer Fernseh-Seifenoper sehen, ohne dass dieselbe Person in zwei verschiedenen Szenen auftaucht, was rund zwei Dutzend Charaktere ergibt. Sieht man dieselbe Seifenoper ein zweites Mal, kommt dann ein weiteres Dutzend neuer Charaktere hinzu.
- Kanal 4 zeigt täglich eine Musik-Show, für die mit "Durch den Monsun" von Tokio Hotel geworben wird (herzliche Gratulation an Deutschland für diesen "Kultur"-Export!).
- Die Abendnachrichten auf Kanal 6 berichten nahezu ausschließlich von Mord, Totschlag und (tödlichen) Verkehrsunfällen – inklusive Nahaufnahmen der Toten unter dem Fahrzeug, zum Beispiel. Sollte es an einem Tag einmal zu wenig solche Fälle geben, wird auch schon einmal auf eine Drogenrazzia oder sonstige Polizeieinsätze zurückgegriffen
- In der Semana Santa, der Karwoche, zeigt Kanal 6 nahezu ausschließlich biblische Filme. Die Abendnachrichten bleiben davon aber unberührt.
Sport & Spiel
- Costa Rica hat ein Äquivalent zu Córdoba: Es nennt sich Aztecazo und bezieht sich auf den 2:1-Sieg von Costa Rica gegen Mexiko am 17. Juni 2001.
- Vor der Neuauflage des Aztecazo am 28. März 2009 war ganz Costa Rica überzeugt davon, den Erfolg wiederholen zu können. So gesehen haben sie die 0:3-Niederlage mit ziemlicher Fassung getragen – fast so, als hätten sie es insgeheim ohnehin erwartet.
- Es ist, wie mir auch ein Tico versichert hat, undenkbar, im Fernsehen bei einer Fußballübertragung einfach nur das Wort "gol" (spanisch für "Tor") auszusprechen. Es muss unbedingt ein langezogenes "gooooooool" sein!
- Die Lotterie in Costa Rica funktioniert auf Losbasis; man kann sich seine Nummer also (eigentlich) nicht aussuchen. Da aber die Ticos offensichtlich doch ein wenig Einfluss auf ihr Glück nehmen wollen, suchen sie sich ihr(e) Los(e) nach der Seriennummer aus. Das führt dann dazu, dass (vor allem in San José) an jeder Straßenecke ein Losverkäufer steht, der zweistellige Nummern, nämlich den Hauptteil der Losnummern, die er gerade verkauft, in die Gegend brüllt.
- Das Anstellen gehört (ähnlich wie in Argentinien) anscheinend zum Volkssport. Unter der Woche steht man vor geschlossenen Geschäften Schlange (möglicherweise für das nebenan liegende, aber auch geschlossene "Centro de Salud", also das Gesundheitszentrum), und sonntags bilden sich meterlange (!) Schlangen vor den Wechselstuben im Zentrum von San José.
Straßen und Transport
- Es gibt Drive-In-Banken, an denen man seine Bankgeschäfte direkt vom Autofenster aus erledigen kann.
- Die Lastwagen auf den Straßen klingen manchmal wie brünftige Hirsche mit Blähungen kurz vor dem Verenden – zumindest stelle ich mir den Klang von sterbenden, brünftigen Hirsche ähnlich verzweifelt vor.
- Die Busse in Costa Rica haben teilweise tatsächlich noch weniger Fußfreiheit als jene in Nicaragua.
- Auch hierzulande wird (wie in Nicaragua) in den Bussen und auf Busbahnhöfen so allerhand verkauft. Allerdings dominieren mehr die kleinen Verkaufsstände als die fliegenden Händler. Trotzdem gibt es auch hier Verkäufer, die ihre Universal-Fernbedienungen feilbieten – und diesmal bin ich unglaublicherweise sogar Zeuge des Verkaufs einer solchen geworden!
- Doppelte Sperrlinien und Stopp-Tafeln dienen bestenfalls zur Verzierung der Straße – möglicherweise damit die Schlaglöcher nicht so auffallen.
- Man darf es nicht eilig haben, wenn man in Costa Rica unterwegs ist, vor allem bei Benützung des öffentlichen Verkehrs: Entweder gibt es Stau (in San José), oder furchtbar schlechte Straßen (fast überall außerhalb von San José). Dazu kommen mitunter fehlende Direktverbindungen – oder gar komplett fehlende Straßen (so ist beispielsweise die Reise von der Karabik- zur Pazifikküste oder umgekehrt eher kompliziert, da es von ersterer gerade einmal zwei Straßen über die Kordilleren gibt).