Heute habe ich von Vilnius aus einen Tagesausflug in den Dzūkija-Nationalpark unternommen. Unwissentlich habe ich damit anscheinend ein beliebtes Ausflugsziel erwischt, denn der Zug war voll von einheimischen Ausflüglern. Die hatten aber offensichtlich alle andere Pläne als ich, denn auf meiner Wanderung war ich dann wieder komplett alleine unterwegs.
Woran das gelegen hat, kann ich nicht genau beurteilen, denn eigentlich ist die Wanderung eher einfach (weil flach) und sehr gut zu finden: Direkt im Ort weist ein Schild auf den Beginn des Wanderweges hin, der wiederum durchgehend ausgezeichnet markiert ist. Nur unmittelbar am Anfang (wo man noch nicht genau weiß, worauf man achten muss) und vor dem (für mich) Herzstück der Wanderung (wo man von den Markierungen gar in die Irre geführt wird) muss man etwas mehr aufpassen. In weiser Voraussicht habe ich jedoch die Wanderkarte, die am Beginn der Wanderung aufgestellt ist, fotografiert, und habe so schnell den Weg (wieder)gefunden.
Am Beginn wandert man durch (Kiefern-)Wald, in dem es von Schwarzbeersträuchern (wenn mich meine Kindheitserinnerungen an das Aussehen dieses Gewächses nicht trügen) nur so wimmelt – im Spätsommer muss das hier ein Schwarzbeerparadies sein. Gleiches gilt übrigens angeblich auch für Pilze, von denen zu dieser Jahreszeit natürlich nichts zu merken war.
Zwischendurch kommt man dabei immer wieder durch einige Dörfer, die meist nur aus wenigen Bauernhöfen bestehen. Teilweise erstrecken sich neben dem Wald auch weite Grasflächen.
Dass bereits erwähnte Herzstück und Höhepunkt der Wanderung war (für mich) jener Abschnitt, der den Mäandern des Flusses Grūda folgt. An einem Aussichtspunkt habe ich Rast gemacht; kurze Zeit später habe ich dann auch entdeckt, wie (zumindest einige) meiner Mitreisenden aus dem Zug ihre Zeit im Nationalpark verbringen: mit einer Kanutour auf ebendiesem Fluss.
Der Weg führt dann noch ein ganzes Stück weiter durch sandig-sumpfiges Waldgebiet. Wie sandig der Untergrund ist, merkt man spätestens dann, wenn man über eine kleine Sanddüne spazieren muss.
Auf dem vom Ort am weitesten entfernten Streckenabschnitt (der durch eine Abkürzung umgangen werden kann) kommt dann so richtig das Gefühl auf, in der Wildnis unterwegs zu sein: Man muss durch kniehohes Gras und fast hüfthohe Farngewächse waten und ein Flüsschen auf schon morschen, teilweise überfluteten Baumstämmen überqueren, wobei ich unfreiwillig meine neuen Schuhe auf ihre Wasserdichtheit getestet habe (sie sind es; Anm.).
Alles in allem war diese Wanderung die recht lange Zugfahrt (von insgesamt fast viereinhalb Stunden) auf jeden Fall wert.
Nach Abschluss der Wanderung habe ich (beim Einkaufen beim lokalen Greißler) schließlich noch gemerkt, dass man in derart ländlichen Gegenden (in denen natürlich kaum Englisch gesprochen wird), auch sehr gut mit Russich weiterkommt – selbst wenn man es, wie ich, gar nicht spricht: Wenn man nämlich das englische Wort "water" etwas schlampig ausspricht, wird das russische "вода" verstanden, und man bekommt schlussendlich genau das, was man wolllte.