Wie bereits erwähnt, habe ich eine zehntägige Wanderung im Annapurna-Gebiet unternommen: von Birethanti über den Poon Hill zum Annapurna Base Camp und zurück. Über weite Strecken hat der Wanderweg aus abertausenden Stufen bestanden, was das Ganze etwas anstrengend gemacht hat. Trotzdem: Es war phantastisch!
Begonnen hat unsere Wanderung – denn ich war im Rahmen einer Exodus-Tour in einer Gruppe mit 15 Briten und mir (plus drei einheimische Bergführer, neun Träger und ein Guide) unterwegs – auf rund 1000 Meter Seehöhe nahe Birethanti. Von dort sind wir bald über Stufen nach Ulleri und weiter nach Banthanti aufgestiegen. Dort sind wir auf die ersten blühenden Rhododendren gestoßen – doch das sind nicht etwa Sträucher, das sind ganze Bäume!
Darauf war ich wohl schon vorbereitet; was mich aber gänzlich überrascht hat, war deren schiere Anzahl: Es sind ganze Wälder von Rhododendronbäumen, die ganze Hänge in Purpur tauchen! Das war für mich die erste große Überraschung auf dieser Wanderung.
Im Laufe unseres zweiten Tages sind wir in Ghorepani angekommen, das am Fuße des Poon Hill liegt, über den ich ja bereits kurz berichtet habe. Dieser knapp 3.200 Meter hohe Aussichtsberg ist so beliebt bei Sonnenaufgang, dass wir doch tatsächlich im Gänsemarsch aufsteigen und den Gipfel mit hunderten anderen teilen mussten. Die ersten Sonnenstrahlen wurden dann sogar mit Jubel und Applaus empfangen. Das hat aber nicht das Vergnügen an dem großartigen Panorama von Annapurna South, Machhapuchhre und Dhaulagiri geschmälert.
Von dort ging unsere Wanderung dann weiter durch Rhododendronwälder über einen Pass zu einem kleinen Flusstal, durch das wir wieder ein Stück abgestiegen sind. Das enge Tal mit seinen knorrigen, moosbewachsenen Bäumen hat ein wenig einen verwunschenen Eindruck gemacht und war eine meiner Lieblingsstellen auf unserer Wanderung.
Dieses Tal wurde schließlich durch einen wohl hundert Meter tiefen Canyon abgelöst, an dessen Wand wir entlang gewandert sind, und dessen Hänge mit blühenden Rhododendronbäumen bedeckt waren – ein großartiger Anblick. Leider hat sich zu diesem Zeitpunkt bereits der allnachmittägliche Regen eingestellt, sodass es davon leider keine Fotos gibt. Es hat nämlich tatsächlich fast jeden Tag am Nachmittag (mehr oder weniger stark bzw. lange) geregnet, was die Wanderfreuden am Nachmittag mitunter etwas getrübt hat. Das ist übrigens eher untypisch für diese Jahreszeit. Zwar ist es üblich, dass am Nachmittag Wolken aufziehen und den Blick auf die Berge verdecken, aber normalerweise bleibt es dabei trocken.
Nach vier Tagen sind wir schließlich in Chhomrong auf (rund) 2.170 Meter Seehöhe angekommen, dem – man kann es nicht anders nennen – Dorf der Stufen. Diese Ortschaft ist in den Hang gebaut, über den sich Reisterassen (die zu dieser Jahreszeit allerdings mit Getreide bestellt sind) erstrecken. Dementsprechend viele Stufen gibt es dort, und die mussten wir am fünften Tag alle hinunter, um einen Fluss auf einer Hängebrücke zu überqueren – und dann auf der anderen Seite wieder hinauf!
Als wir das jedoch geschafft hatten, sind die Stufen gottseidank weniger geworden, und der graduelle Anstieg (immer wieder leicht bergab/bergauf) in Richtung Annapurna Base Camp entlang des Flusses Modi Khola hat begonnen. Am sechsten Tagen hatten wir dem größten Anstieg zu bewältigen: von Dobhan (2.600 Meter Seehöhe) zum Machhapuchhre Base Camp (3.700 Meter Seehöhe). Erfreulicherweise war das der einzige Tag ohne Regen, und so sind wir trockenen Fußes durch Bambuswälder (die mittlerweile die Rhododendren abgelöst hatten) aufgestiegen. Erst über 3.200 Meter Seehöhe sind die Bäume (und alsbald auch die Sträucher) verschwunden – eine unglaublich hohe Baumgrenze! Das war für mich die zweite große Überraschung auf dieser Wanderung.
Trotz des ausbleibenden Regens hat sich die Wanderung an diesem Tag schon ein wenig gezogen. Dementsprechend froh war ich, als endlich das Machhapuchhre Base Camp in Sichtweite war – und dann ist unser Bergführer plötzlich daran vorbei und zu einem anderen, einige hundert Meter entfernen Gästehaus marschiert. Diese paar hundert Meter waren für mich die wohl anstrengendsten auf der ganzen Wanderung.
Der nächste (unser siebenter) Tag war dann unser „Gipfeltag“ – auch wenn das Annapurna Base Camp natürlich kein echter Gipfel ist. Dieser Tag hat bereits zu Sonnenaufgang mit beinahe strahlend blauen Himmel begonnen, und so waren auch die letzten 400 Höhenmeter Aufstieg ein Genuss: Bei strahlendem Sonnenschein umgeben von zahlreichen Sechs- bis Achttausendern durch den Schnee stapfen – Herz, was willst du mehr? Dieser Tag war mein persönliches Highlight der ganzen Wanderung – obwohl sich bald nach unserer Ankunft im Base Camp die typischen Wolken und dann auch der typische Niederschlag (auf dieser Höhe natürlich in Form von Schnee) eingestellt haben.
Nach diesem „Gipfelsieg“ haben wir die letzten drei Tage mit dem Abstieg verbracht, wobei es leider an unserem ersten Abstiegsstag durchgehend geschneit bzw. weiter unten geregnet hat. Insbesondere nach der Tee-(*) und der Mittagspause wieder in die nassen Sachen schlüpfen zu müssen hat einiges an Überwindung gekostet. Am diesem Tag waren wir wohl alle froh, als wir das Quartier endlich erreicht haben.
Nachdem wir fast zwei Tage lang unsere Aufstiegsroute wieder zurück gegangen sind, haben wir am letzten Tag noch ein neues Streckenstück kennen gelernt. Dabei sind wir durch ein Missgeschick unseres Bergführers auf einem etwas anderen Weg als geplant gelandet und so praktisch durch die Wohnzimmer der lokalen Bauern gewandert – ein sehr interessanter Abschluss zu einer großartigen Wanderung!
(*) Natürlich hatten wir täglich eine Teepause, ich war schließlich mit einer britischen Gruppe unterwegs.