Mein bisheriger Urlaub hat sich nur an der Küste abgespielt. Daher war es nun Zeit fürs Landesinnere, genauer gesagt für die Wanderung Kretas (wenn nicht gar Griechenlands): die Samaria-Schlucht.
Bereits die Fahrt hin war vielversprechend: tolle Ausblicke vom Busfenster über grün bewaldete Hügel bis hinunter zum Meer. Da war ich ganz froh, mich nicht für den ersten (sondern den zweiten) Bus des Tages entschieden zu haben, denn sonst hätte ich das um diese Jahreszeit nur im Finstern erlebt.
Beim Einstieg in die Schlucht angekommen, war ich das erste Mal begeistert: Schroffe Felswände erheben sich zu beiden Seiten, und man steigt entlang einer davon zum Talboden ab.
So verliert man auf den ersten drei Kilometern rund die Hälfte der insgesamt 1.200 Höhenmeter. Nach einem weiteren Kilometer wachsen die Felswände dann langsam in die Höhe, was weitere Freude meinerseits ausgelöst hat.
Die nächsten zwei Kilometern führen dann diese Felswände entlang. Die letzte gute Viertelstunde hatte ich dabei sogar das Gefühl, praktisch allein durch die bewaldeten Hänge zu stapfen – eine Seltenheit in der Samaria-Schlucht, denn sie wird in der Hauptsaison von bis zu 1.500 Personen pro Tag besucht.
So viele werden es zwar heute nicht gewesen sein, aber es war trotzdem recht viel los. Zum Glück verteilt sich das Ganze recht schnell – und es kann eben sogar sein, dass man einige Zeit scheinbar allein unterwegs ist.
Als ich dann eine Mittagspause eingelegt habe, habe ich schließlich festgestellt, wo die ganzen Leute abgeblieben sind: zwei bis zehn Minuten hinter mir. Kaum hatte ich nämlich meine Jause ausgepackt, sind sie beinahe im Gänsemarsch dahergekommen. Gottseidank habe ich mich strategisch günstig direkt bei einem "WC in 500 m"-Schild platziert, sodass sie fast geschlossen an mir vorbeigezogen sind. (*) Ein russisches Pärchen ist dann aber doch auch stehengeblieben und hat damit einen kleinen Trend gestartet. So bin ich dann leider um die Ruhe (wenn auch nicht um die schöne Aussicht) meines Jausen-Stützpunktes gekommen.
Als ich dann später an WC und "offiziellem" Rastpunkt vorbeigekommen bin, war klar, dass ich noch immer den ruhigeren hatte: Dutzende Leute haben dort im Schatten in diversen Grüppchen gejausnet. (**)
Ich bin daher bald weitermarschiert, und bin nach einigen hundert Metern dann plötzlich vor dem Eingang zur eigentlichen Samaria-Schlucht gestanden: Die Felswände verengen sich plötzlich deutlich, sodass man direkt neben dem Flussbett zwischen nahezu senkrechten Felswänden entlangspaziert.
Die nächsten drei Kilometer waren daher ebenso atemberaubend wie ein Genuss. Da konnte auch der mittlerweile wieder dichter gewordene Wanderer-Verkehr nichts daran ausrichten.
Danach wird die Schlucht wieder breiter, verengt sich dann aber rund eineinhalb Kilometer vor dem Ende wieder – und zwar auf ihre schmalste Stelle von drei Metern, der sogenannten Eisernen Pforte. Die letzten eineinhalb Kilometer werden die Felswände dann zunehmend niedriger, und die Schlucht läuft langsam aus.
Nach diesen letzten eineinhalb Kilometern sind dann leider noch zwei weitere Kilometer gekommen, denn die Kilometerberechnung bezieht sich nur auf die Wegstrecke im Nationalpark, und nicht hinunter bis zum Meer. Als ich dann aber endlich dort angekommen bin, habe ich mir mein wohlverdientes (und zwar erfrischendes, aber nicht zu frisches) Bad im Meer gegönnt.
Die Fährfahrt entlang der Weißen Berge (Lefka Ori) zu meinem nächsten Aufenthaltsort, Loutro, war dann noch ein würdiger Abschluss des schönen Tages.
(*) Anscheinend mussten alle aufs Klo.
(**) Und selbst vor dem Männer-Klo war eine Schlange.