Nach meinem Besuch in Tikal bin ich vor der Entscheidung gestanden, die Hauptstraße entlang wieder in Richtung Küste oder über Nebenstraßen weiter ins Landesinnere zu fahren. Da ich gefühlsmäßig jedoch schon genug Zeit am Wasser verbracht habe und endlich ein paar Berge sehen wollte, ist es die zweite Option geworden. So habe ich also die rund neunstündige Fahrt (davon die letzte halbe Stunde auf der Ladefläche eines Pickup-Trucks) nach Semuc Champey in Angriff genommen – und wurde nicht enttäuscht.
Die Fahrt war anfangs zwar eher unspektakulär (wenn man von der per Außenbordmotor betriebenen Floß-Fähre über einen Fluss absieht); das (zeitmäßig) letzte Drittel war dann aber schon zunehmend in den Bergen, und immer pittoresker – unglaublich, wie viele kleine Hügelchen es hier gibt!
Mein Quartier, das Utopia Eco Hotel, wurde mir schon von mehreren Seiten empfohlen und war dann auch eine echte Oase. Dass das Restaurant ein rein vegetarisches ist, wusste ich im Vorfeld nicht, hat das Ganze aber nur noch besser gemacht. Woanders kann man nämlich kaum essen gehen, da es im Umkreis von mehreren Kilometern praktisch nichts anderes gibt.
Trotz des schönen Quartiers habe ich am nächsten Tag eine Tour nach Semuc Champey unternommen, denn dafür bin ich ja eigentlich hingefahren. Nachdem ich aber leider der einzige Tourteilnehmer war, hat der Tourguide sehr aufs Tempo gedrückt – vielleicht wird er pro Person bezahlt?
Die erste Station war die Kan’Bah-Höhle. Wie in Belize gibt es auch dort ein paar Stalaktiten zu bewundern (wenn auch weniger spektakuläre) – und weil wir in Guatemala und nicht in Belize sind, gab es statt Helm und Stirnlampe eine Kerze! Das hat die Höhlenerkundung zwar sehr stimmungsvoll gemacht, bei den zu schwimmenden Abschnitten aber auch etwas herausfordernd.
Weil mein Führer es sehr eilig hatte, konnte ich die Höhle selbst auch nur eingeschränkt genießen. Auf das Abenteuer, einen Wasserfall hochzuklettern, habe ich verzichtet, weil ich das ohne Brille hätte machen müssen (und dann im Kerzenschein unmöglich die Trittstellen gefunden hätte). Zu einem Sprung in ein tiefes Becken habe ich mich aber hinreißen lassen. Allerdings sind wir dann doch höher geklettert als ich gedacht hätte – und oben angekommen hat mein Führer dann versucht, mir im Kerzenschein die Felsen im Wasser zu zeigen, auf die ich nicht springen darf. Ich habe das Risiko, beim Hinunterklettern abzurutschen, aber noch höher eingeschätzt als das Risiko, einen Felsen zu treffen, und bin gesprungen (nachdem ich mich mehrmals bei meinem Führer vergewissert habe, wo ich genau hinspringen sollte). Offensichtlich habe ich den Sprung auch überlebt.
Am Rückweg konnte ich dann noch bei einem kleineren Wasserfall hinunterrutschen (und dabei einiges an Wasser schlucken). Ganz zum Schluss hat mir mein Führer noch einen ordentlichen Schrecken eingejagt, als er ohne Kerze vorausgegangen ist und ich einem Seil nur im Schein meiner Kerze folgen musste – das dann aber zu Ende war, bevor der Höhleneingang in Sicht war. Netterweise hat er sich dann doch akustisch bemerkbar gemacht. Alles in allem war die Höhlentour ganz nett, wenn auch etwas gehetzt und definitiv nicht so spektakulär wie die Actun Tunichil Muknal in Belize.
Mein Guide hat mich dann auch noch nach Semuc Champey begleitet, wo man wirklich keinen Führer braucht. Es handelt sich dabei um eine natürliche Steinbrücke über einen Fluss, auf der sich (gespeist durch lokale Quellen) türkisblaue Pools gebildet haben – wobei dem aufmerksamen Leser meines Blogs eine gewisse Ähnlichkeit zu Agua Azul nicht entgangen sein dürfte.
Wir sind zuerst zu einem Aussichtspunkt aufgestiegen, wo ich sogar drei Minuten für Fotos zugestanden bekommen habe (Relax!
). Danach habe ich den Beginn der Steinbrücke, wo der Fluss unter der Erde verschwindet, zu sehen bekommen, bevor es ans Baden in den Pools gegangen ist. Theoretisch kann man über die (sehr glitschigen) Steine auch von Pool zu Pool rutschen. Ich habe das aber nur im sehr geringen Ausmaß genutzt, weil ich schon am ersten Tag meines Guatemala-Aufenthalts einen Schweizer getroffen habe, der sich dabei den großen Zeh bis auf den Knochen aufgeschlitzt hat – und der Sprung in der Höhle hat mein Tagespensum an Draufgängertum mehr als ausgeschöpft. So oder so, die Pools waren echt schön.
Eigentlich sollte ich dann mit dem Pickup zurück ins Quartier fahren. Dieser Pickup hat aber gleichzeitig auch die Reifen fürs Tubing vorbeigebracht – und so schnell konnte ich gar nicht schauen, schon bin ich auf der Teilnehmerliste gestanden. So bin ich halt per LKW-Reifen ins Quartier zurückgekehrt. Anfangs habe ich mich noch geärgert, dass ich meine (wasserfeste) Kamera nicht zum Tubing mitgenommen habe; nach den ersten Stromschnellen war ich froh darüber. Sie waren zwar nicht sehr wild, aber nur auf einem Reifen sitzend muss man trotzdem ordentlich aufpassen. Einmal bin ich mit dem Hintern heftig gegen einen Stein gestoßen; ein andermal bin ich gar auf einer Steinbank gestrandet (konnte mich aber selbst wieder befreien). Trotz dieser kleinen Problemchen war es eine amüsante Art, wieder zurück ins Quartier zu kommen.
An meinem heutigen zweiten Tag habe ich das Quartier (abgesehen von einem kurzen Spaziergang am Flussufer) nicht verlassen. Allerdings habe ich vor Ort eine Schokolade-Tour gemacht, bei der ich einerseits viel über Kakao gelernt und andererseits meine eigene Schokolade hergestellt habe. Das Ergebnis war überraschend gut (vor allem die Honigpralinen).