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Stadt der Konflikte

Leider war meine rinnende Nase vom vergangenen Wochenende wohl doch nicht (nur) meine Allergie, sondern (auch) eine Erkältung. Daher bin ich die ersten beiden Tage Belfast, der letzten Station meines Urlaubs im Vereinigten Königreich, eher ruhig angegangen.

Gestern habe ich mit einer Walking Tour begonnen, die mir die (anfangs auf mich doch ein wenig trostlos wirkende) Stadt ein bisschen näher gebracht hat. Der Fokus war zwar mehr auf der allgemeinen Stadtgeschichte, und weniger auf den „Troubles“ in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert (d.h. dem Nordirlandkonflikt), aber gelegentlich halt doch auch die jüngere Geschichte eine Rolle gespielt, und da hat dann unserer Führerin ein wenig aus dem Nähkästchen geplaudert – wobei man sich manches gar nicht so richtig vorstellen kann (oder will).

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Rathaus

Angefangen hat unser Spaziergang am zentralen Donegall Square, wo um die vorletzte Jahrhundertwende das (protzige) Rathaus erbaut wurde (wenige Jahre, nachdem Belfast das Stadtrecht bekommen hat). Eines der nächsten Ziele war das ebenso überaus üppig dekorierte Pub „The Crown“, das sich direkt gegenüber vom Hotel „Europa“ befindet, das in Zeiten der „Troubles“ den zweifelhaften Ruhm hatte, das am öftesten von Bombenanschlägen betroffene Hotel der Welt zu sein. Unsere Führerin konnte sich beispielsweise nicht erinnern, dass in ihrer Jugend jemals alle Fensterscheiben ganz waren.

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The Crown

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Hotel Europa

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Linen Quarter

Doch auch die ältere Geschichte der Stadt ist eben nicht zu kurz gekommen, zum Beispiel die Bedeutung der Leinenindustrie für den Aufstieg der Stadt. Mittlerweile hat die letzte Weberei schon geschlossen, aber es gibt noch einige alte Gebäude, die an diese Zeit erinnern.

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Great Hall

Nach der Walking Tour habe ich noch eine Tour durch das Rathaus gemacht, das von innen genauso protzig ist wie von außen. Insbesondere die Glasfenster sind aber wirklich sehr hübsch gestaltet.

Weil mir die erste Walking Tour gut gefallen hat, hätte ich gerne heute auch noch eine weitere, diesmal mit dem Focus auf den „Troubles“ gemacht. Leider war sie am Vorabend aber bereits ausgebucht, sodass mir nichts anderes übrig geblieben ist, als auf eigene Faust in das Herz der damaligen Konfliktzone zu fahren, und mir dort zumindest ein paar der Denkmäler und Wandmalereien anzusehen. Was mich dann aber am meisten beeindruckt (um nicht zu sagen: bedrückt) hat, waren die Reste der Installationen, um die beiden Konfliktparteien voneinander fern zu halten: mitunter doppelte Eisengitter quer über die Straßen, und eine lange, bis zu zehn Meter (!) hohe Mauer, die heute als Peace Wall gilt (aber durch ihre Mächtigkeit gar nicht so friedlich wirkt).

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Garden of Rememberance

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Bobby Sands Mural


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Peace Wall

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Straßensperre

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Helling der Titanic mit dem Titanic-Museum im Hintergrund

Zuvor, am Vormittag, habe ich noch den Programmpunkt erledigt, weshalb ich eigentlich nach Belfast gekommen bin: ein Besuch von Titanic Belfast, dem Titanic-Museum direkt neben jener ehemaligen Helling, wo der Riesendampfer gebaut wurde. Angesichts der großartigen Bewertungen, die dieses Museum erhalten hat, hat es meine Erwartungen nicht ganz erfüllt – auch wenn es schon sehr gut gemacht ist.

Es sind halt nur wenige Gegenstände zu zeigen, da ja das meiste beim Untergang verloren gegangen ist. Vieles wird daher über Schautafeln mit Text und Bilder erklärt, wo man dann die Geduld aufbringen muss, sich dort in Ruhe durchzuarbeiten (auch wenn es im Laufe des Tages immer voller wird(*)). Es gibt aber auch ein paar ausgezeichnete Dioramen sowie Computersimulationen, die das Schiff wieder ein bisschen zum Leben erwecken sollen.

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Nachbau einer Erste-Klasse-Kabine

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Schwimmweste

In dieser Hinsicht ist auch der zweite Teil der Ausstellung überraschend interessant: die Nomadic, ein Tenderboot der Titanic, und das einzige noch erhaltene Schiff der White Star Line. Das wurde zwar seither auch schon vielfach umgebaut, und erst vor kurzem wieder (soweit möglich) restauriert, aber es vermittelt ein bisschen den Flair, den so eine Schiffsreise gehabt haben muss.

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Nomadic


(*) Diesbezüglich hat es sich voll ausgezahlt, dass ich mich für das erste Zeitfenster gleich nach der Öffnung entschieden habe: Sie haben nämlich die Türen sogar 15 Minuten vorher geöffnet, und uns auch bald danach in die Ausstellung gelassen. So hatte ich statt zehn mehr als 20 Minuten Vorsprung auf den nächsten Schwung an Besuchern.

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