[Foto]

Vilnius für Genesene

Kaum bin ich wieder gesund und könnte daher in Ruhe die Stadt erkunden, wird bei mir eine andere "Krankheit" akut, die man fast schon als chronisch bezeichnen könnte: Ich kriege die "Stadtflucht".

So habe ich nicht nur gestern einen Tagesausflug in den Dzūkija-Nationalpark gemacht, sondern z.B. heute auch einen Halbtagesausflug nach Trakai. Dort befindet sich auf einer Insel inmitten einer Kette von Seen eine alte Burg, die ursprünglich im 14. Jahrhundert errichtet wurde. Leider ist sie komplett verfallen, und wurde erst im vergangenen Jahrhundert wieder vollständig rekonstruiert. Das mindert aber nicht ihre ausgezeichnete Lage.

Zufälligerweise haben dieses Wochenende offensichtlich auch Ritterspiele im Ort stattgefunden, in die ich (noch vor dem offiziellen Beginn) eher zufällig hineinspaziert bin. Als ich am Rückweg nochmals vorbeischauen wollte, haben sie bereits Eintritt verlangt, woraufhin ich – vor allem angesichts der bedrohlich dunklen Wolken am Horizont – auf das Spektakel verzichtet habe.

[Foto]

[Foto]

Ritterspiele

[Foto]

Šv. Dvasios gatvė

Abseits meiner Ausflüge habe ich aber auch Vilnius näher kennen- und durchaus auch schätzen gelernt. In der Altstadt wimmelt es nur so vor Kirchen, wie ich feststellen konnte. Interessanterweise findet man aber auch in unmittelbarer Nähe einige alte, schon ziemlich heruntergekommene Gebäude. Es gibt aber auch viele Parks und Grünflächen, die das Stadtzentrum sehr angenehm machen.

[Foto]

Russisch-orthodoxe Heiliggeistkirche

[Foto]

Anna- und Bernhardiner-Kirche

[Foto]

Universität

Etwas weniger angenehm, aber sehr interessant, war der Besuch im sogenannten "KGB-Museum", das offiziell Museum der Genozid-Opfer heißt, und im ehemaligen KGB-Gebäude untergebracht ist. In den beiden oberen Stockwerken werden die Kämpfe für ein unabhängiges Litauen und die (vorsichtig ausgedrückt) "Gegenmaßnahmen" des Sowjet-Regimes beschrieben; im Keller befindet sich schließlich das recht bedrückende, zum Großteil noch im Original erhaltene KGB-Gefängnis.

[Foto]

Užupis

Am anderen Ende des Spektrums gibt es beispielsweise das Künstlerviertel Užupis, das sich von Litauen losgesagt hat, und sogar eine eigene Verfassung (nachzulesen in verschiedensten Sprachen, angeschlagen an einer Hauswand) hat, derzufolge beispielsweise jeder das Recht [hat], Fehler zu machen. Passkontrollen beim Betreten des Viertels gibt es keine, allerdings kann man sich am 1. April, dem Nationalfeiertag des Rebellenstaates, einen Stempel in den Reisepass geben lassen.

[Foto]

Kathedrale von Vilnius

Schließlich hat gestern noch sozusagen die "Lange Nacht der Kultur" in Vilnius stattgefunden, bei der man diverse kulturelle Veranstaltungen besuchen konnte. Nachdem ich kein Programm auftreiben konnte (keine Ahnung, wo die verteilt wurden), habe ich mich einfach von den Massen treiben lassen. Das Angebot war recht vielfältig:

[Foto]

Gediminas-Turm

Einige Museen haben sich an der Aktion beteiligt, so zum Beispiel das Diamant-Museum (in das ich mich jedoch nicht hineingetraut habe, weil ich mich inmitten der vielen händchenhaltenden Paare ein wenig deplatziert gefühlt hätte). Eher zufällig bin ich im Museum für Theater, Musik und Kino gelandet, das eine bunte Mischung aus Zeichnung alter Bühnenbilder und Kostüme, Objekten aus der Hinterlassenschaft berühmter Schauspieler(innen) aus dem Litauen der Zwischenkriegszeit, Marionetten, sowie alte Musikinstrumente und Filmkameras ausstellt. Am Heimweg habe ich noch kurz in einer Galerie vorbeigeschaut, die sich anscheinend der Volkskunst gewidmet hat.

Darüber hinaus gab es zahlreiche musikalische Beiträge; ich habe beispielsweise einen Kurzauftritt einer (offensichtlich litauischen) Rockband gesehen, der man zumindest den Enthusiasmus nicht absprechen kann (die verbrauchen sicher drei E-Gitarren pro Auftritt und schwitzen dabei fünf Hemden durch). An anderer Stelle gab es dann Musik im Stile von irisch-keltischem Folk zu hören.

[Foto]

Nacht der Kultur

Viele haben sich anscheinend auch inoffiziell an dem Festival beteiligt, so zum Beispiel manche Lokale, die ihre eigenen DJs haben auflegen lassen; Straßenmusiker und Break-Dancer wollten offensichtlich von dem erhöhten Passantenaufkommen profitieren. Was allerdings die schwarz gekleidete Pantomimin mit weiß geschminktem Gesicht, dunkler Sonnenbrille und einer Flasche Persil Black Expert (!) in der Hand bezwecken wollte, ist mir bis zum Schluss ein Rätsel geblieben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert