Meine letzte Station in Litauen war der Aukštaitija-Nationalpark – ein Ort mit über 100 Seen, die großteils entweder direkt ineinander übergehen, oder durch kurze Flüsschen in langen Ketten miteinander verbunden sind. Am besten erkundet man diese Gegend also in (mehreren Tagen dauernden) Kanutouren, die einen durch diverseste Seen führen. Leider hatte ich dafür weder die Zeit noch die nötige (Camping-)Ausrüstung, sodass ich mich mit der Erkundung per Fahrrad begnügt habe.
Leider sind hier Radwege noch ein wenig Mangelware, und so muss man meistens auf den kleinen Nebenstraßen, die die kleinen Ortschaften des Gebiets verbinden, unterwegs sein. Das macht das Fahren zwar recht bequem (weil die Straßen meist asphaltiert sind), hat aber auch den Nachteil, dass man (zwar selten, aber doch) mit Autoverkehr zurecht kommen muss.
Nachdem die Straßenplaner anscheinend auch an den Erholungswert der Kanuten auf den Seen gedacht haben, gehen die Straßen bedauerlicherweise (zumindest aus meiner Sicht als Radfahrer) oft nicht direkt am See entlang, sodass man einerseits durch überraschend hügeliges Gelände fährt, und andererseits nur zwischendurch einen Blick auf einen See erhaschen kann. Diese Aussichten sind dafür meist wirklich sehr idyllisch. Insbesondere vom "Gipfel" des Ladakalnis (wenn der höchste Punkt eines 175 Meter hohen Hügels diese Bezeichnung verdient) hat man einen schönen Rundblick über die umliegenden Seen.
Auf ungefähr halben Weg – ich hatte mich kurz zuvor entschlossen umzukehren und nach Ignalina (der Bezirkshauptstadt, wo ich übernachte) zurückzufahren – ist mir jedoch ein Missgeschick passiert, dass meinen Fahrradausflug ein wenig trübens sollte: Beim kräftigen In-die-Pedale-Treten am Beginn einer Steigung hat meine Fahrradkette plötzlich ein knirschendes Geräusch von sich gegeben – und ist gleich darauf gerissen! Meine ersten Gedanken waren nicht druckreif; ich habe mich aber bald danach selbst beruhigt, denn ich bin erst 50 Meter zuvor an einem Imkereimuseum vorbeigekommen, wo mir zumindest jemand werde helfen können (so meine Hoffnung). Als ich zu dem Museum zurückgekehrt bin, musste ich jedoch feststellen, dass es montags geschlossen hat – und es war Montag! So bin ich wieder kurzfristig auf meine ursprünglichen Gedanken verfallen, habe aber bald neue Hoffnung geschöpft, weil trotzdem drei Autos vor dem Museum geparkt haben. Diese haben einer (wie sich herausstellen sollte, unglaublich hilfsbereiten) Gruppe von Polen gehört (denen die genauen Öffnungszeiten des Museum anscheinend auch nicht bekannt waren), und von denen das junge Pärchen in der Gruppe sogar Englisch gesprochen hat. Als ich ihnen mein Problem geschildert habe, hat der junge Mann prompt seinen großen Werkzeugkoffer aus dem Kofferraum geschnappt und sinngemäß gemeint: Das mach' ma' schon!
Er hat mir dann tatsächlich – unter Mithilfe des Opas der Familie – meine Kette wieder notdürftig zusammengeflickt (wofür ich ihm unglaublich dankbar war, denn ich hatte absolut nichts Brauchbares zum Reparieren dabei), sodass ich meine Fahrt (vorsichtig) fortsetzen konnte. Ich habe mich von da an allerdings nicht mehr allzu fest in die Pedale treten getraut, weil ich doch noch rund 20 Kilometer von meinem Hotel entfernt war. So bin ich mit klammen Gefühl weitergefahren, vor allem weil in regelmäßigen Abständen (von wohl genau einem Kettenumlauf) zu merken war, dass die Kette ein wenig hakt. So bin ich bei Steigung (von denen es, wie erwähnt, überraschend viele gibt) lieber abgestiegen, und habe mir möglichst über Hauptstraßen den Weg nach Ignalina gebahnt. Dabei bin ich auch noch an einer alten Wassermühle vorbeigekommen, die zwar an einem wirklich idyllischen kleinen Bächlein liegt, die ich aber angesichts der Umstände nur begrenzt genießen konnte.
Ich habe es dann (überraschend schnell, in knapp über zwei Stunden) doch noch gut ins Hotel geschafft und habe auch versucht, dem Personal klarzumachen, was passiert ist, und dass die Kette getauscht werden muss. Aufgrund von gewissen Verständnisschwierigkeiten (schlechtes Englisch auf ihrer Seite, kein Litauisch auf meiner) bin ich mir jedoch nicht sicher, ob sie das auch tatsächlich tun werden. Bei einer Fahrradmiete beim Hotel Zuvedra rate ich daher zumindest zur Vorsicht.
Fairerweise muss allerdings gesagt werden, dass zwei andere Touristen, die ich in der Früh beim Wegfahren getroffen und zwecks Fahrradmiete ans Hotel verwiesen habe, keine solchen Probleme hatten, wie sie mir abends versichert haben. Witzigerweise hat sich übrigens bei diesem Gespräch dann herausgestellt, dass einer der beiden in derselben Firma wie ich (allerdings in einer anderen Abteilung) arbeitet – was wohl auch erklärt, warum er mir so bekannt vorgekommen ist. Manchmal ist die Welt doch tatsächlich ein Dorf!
Heute war mir dann mehr nach Ausruhen zumute, und so habe ich nur die Umgebung des Hotels ein wenig erkundet: Ich war am Paplovinis-See direkt hinter dem Hotel spazieren (und habe so zumindest abschnittsweise dann doch noch einen Ufer-Wanderweg genießen können), habe einer Schwanenfamilie beim Baden zugeschaut, und auf einer Parkbank am Seeufer sitzend einfach die Seele baumeln lassen.
Hi! Also, erstens mal wow, deine Abenteuer sind immer abwechslungsreich… und du hast dann auch immer eine gute Spontanlösung parat (freundliche Leute zB). Übrigens, wen hast du denn getroffen? Danke für die Karte! LG, BB & Bonki
Ja, fad wird mir nie! 😉
Getroffen habe ich übrigens D. (Freund von V.).
LG, Bernhard
PS: Wow, die Karte war aber schnell!