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2.000 Jahre Geschichte

Heute war mein letzter voller Tag in der Provence – und ich habe ihn nicht in der Provence verbracht, sondern in der Nachbarregion Okzitanien. Der heutige Tag war nämlich sozusagen die Synthese der beiden vorhergehenden: Römer + Brücke = Pont du Gard.

Beim Pont du Gard handelt es sich um eine Aquäduktbrücke aus der Römerzeit, erbaut rund um 40 bis 60 nach Christi – also vor fast 2.000 Jahren. Nach der Einschätzung von Historikern besteht die Brücke auch noch zu 80% aus Originalteilen von damals, ist also im Durchschnitt über 1.600 Jahre alt – und steht eben noch immer. Welche Dinge wohl unsere Zivilisation hinterlässt, die dermaßen lange überdauern werden? (*)

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Pont du Gard

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Blick vom Pont du Gard

Auf jeden Fall ist dieses technische Meisterwerk schon rein optisch eine Pracht. Wenn man sich seine lange Geschichte vor Augen hält, dann eben noch viel mehr. Um die Brücke im Detail erkunden zu können, habe ich mich (auch) für eine Führung entschieden. Nur mit einer solchen kommt man nämlich auf die oberste, die dritte Ebene der Brücke, wo der Wasserkanal liegt. Genauer gesagt: Man spaziert direkt im (großteils überdachten) Wasserkanal. Für große Leute wie mich bedeutet das Bücken, für etwas Beleibtere mitunter Bauch-Einziehen, denn es haben sich im Lauf der Jahrhunderte einige Kalkablagerungen gebildet, die den Weg mitunter etwas verengen. Zwar haben die Römer anscheinend in den ersten 200 Jahren (!) des Betriebs regelmäßig den Kalk entfernt, aber in den nächsten 300 Jahren (!) des Betriebs war dafür (wegen Kriegen, was sonst?) anscheinend zu wenig Geld da. (**)

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Wasserkanal des Pont du Gard

So schön aber die Brücke auch war, ich wollte auch ein wenig die Gegend erkunden. Das gesamte Aquädukt (im Sinne von „Wasserleitung“) war nämlich rund 50 Kilometer lang (von einer Quelle bei Uzès bis nach Nîmes), und im Umfeld des Pont du Gard sind davon noch weitere Reste zu finden.

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Pont de la Combe Roussière

Begonnen habe ich mit einem Spaziergang auf der rechten Flussseite, wo ich alsbald auf eine weitere Aquäduktbrücke, den Pont de la Combe Roussière, gestoßen bin – oder besser gesagt, auf die Fundamente dieser Aquäduktbrücke beiderseits des ehemals überspannten Tals, denn viel mehr ist davon heutzutage nicht mehr übrig.

Man kann aber dem ungefähren Verlauf der Wasserleitung noch weiter folgen – wobei der Wanderweg über die Hügel führt, während das Aquädukt alle Täler im Zick-Zack-Kurs abgefahren ist, weil ja ein Gefälle eingehalten werden musst, um das Wasser rein per Schwerkraft transportieren zu können. Dabei bin ich dann noch auf zwei weitere (deutlich) kleinere, aber (einigermaßen) erhaltene Aquäduktbrücken gestoßen: Eine davon durfte man zwar nicht mehr überqueren, aber über die zweite hat der Wanderweg direkt hinweg geführt. Immer wieder waren auch Abschnitte der Wasserleitung entlang der Hänge erkennbar, und so konnte ich sehen, wie sehr sich die Leitung an das Höhenprofil der Hügel angepasst hat.

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Römische Aquäduktbrücken

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Römisches Aquädukt

Später habe ich dann auch noch auf der linken Flussseite mein Glück versucht, wo es eine längere Strecke mit niedrigen Bögen (aber über festem Grund) geben sollte. Ich wollte meine Suche schon aufgeben, als ich plötzlich eine scheinbare Mauer entlang spaziert bin, die sich dann als das gesuchte Stück der Aquädukt-Strecke entpuppt hat: Zahlreiche Bögen sind zwar schon eingestürzt (was eben auf den ersten Blick den Eindruck einer alten Mauer ergibt), aber manche sind noch intakt, und belegen die ursprüngliche Verwendung.

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Römisches Aquädukt

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Pont du Gard

Zwischendurch war ich auch ganz unten am Fluss, um mir die Brücke auch von unten anzusehen. Hätte ich meine Badesachen dabei gehabt, wäre ich fast versucht gewesen, einmal kurz im Fluss unterzutauchen. So bin ich nur bis zur Mitte der Unterschenkel ins Wasser gewatet – das war eigentlich ohnehin Kneippkur genug.

Jetzt bleibt nur noch ein Problem: Nachdem ich jetzt weiß, dass

  1. dieses Aquädukt die Stadt Nîmes zur Römerzeit mit Wasser versorgt hat, und
  2. man deswegen so viel in die Wasserversorgung dieser Stadt investiert hat, weil es damals eine der wichtigsten und größten (west-)römischen Städte war, und
  3. die Stadt deswegen ein großes Amphitheater hat, das heutzutage das besterhaltene der gesamten Römerzeit ist,

möchte ich jetzt nach Nîmes. Nur: Morgen beginnt bereits meine Heimreise. Ich werde also wohl wiederkommen müssen!


(*) Natürlich, zumindest unser Atommüll wird bedeutend länger halten.

(**) Ja, die Brücke wurde tatsächlich rund 500 Jahre (!) als Aquädukt verwendet, bevor sie aufgegeben wurde.

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