An meiner dritten (und letzten) Station meines Italien-Kurzaufenthalts habe ich erfahren, warum an meinen bisherigen Stationen verhältnismäßig wenig Touristen waren: Die sind alle in Verona. Zumindest war diese Stadt die mit Abstand populärste.
Begonnen hat das bereits am Piazza Brà, wo sich das römische Amphitheater befindet. Von dort haben sich die Touristenmassen durch die (Einkaufs-)Straße Giuseppe Mazzini in Richtung Piazza delle Erbe, dem alten Stadtzentrum aus römischer Zeit, gewälzt. Auch am benachbarten Piazza dei Signori war viel los.
Das war jedoch alles nichts gegen das, was sich etwas weiter beim (angeblichen) Haus der Giulietta (Julia Capulet) abgespielt hat: Dort drängen alle in den kleinen Innenhof und bestaunen die unzähligen Liebesbekundungen auf den Wänden. Die Damen lassen sich vor ebendiesen fotografieren, während die Herren vor der Statue von Julia Schlange stehen, um von ihren Freundinnen fotografiert zu werden, während sie Julia an den Busen greifen. Manche Pärchen sind sogar für Gleichberechtigung, da kriegt auch die Freundin eine Brust zum Halten. Das Ganze soll übrigens Glück bringen – wer auch immer auf dieser Idee gekommen ist, dürfte in der Geschichte von Romeo und Julia nicht ganz firm gewesen sein.
Dass das Beschriften der Wände des Innenhofs unter Strafe steht, scheint übrigens keinen so wirklich zu stören – oder vielleicht gilt das eben gerade nicht für den Durchgang zu besagtem Innenhof. Möglicherweise haben findige Liebespaare auch ein anderes Schlupfloch gefunden, denn die oberste Schicht besteht teilweise aus beschrifteten Pflastern – und das ist ja definitiv kein Beschriften der Wände.
Andernorts wurde ein Tor offensichtlich zugunsten von Liebesschlössern aufgegeben. Der kleine Baum daneben trägt ein Schild, der das Anbringen von Liebesschlössern an ebendiesem untersagt. Daher ist er über und über mit (gebrauchtem) Kaugummi beklebt, auf dem mitunter Initialen vermerkt wurden – wie romantisch!
Bei all diesem Rummel geht fast unter, dass man die eigentliche Attraktion des Hauses, nämlich Julias Balkon, gar nicht sehen kann, denn der ist derzeit zur Renovierung eingerüstet. Ganz kann ich die Faszination mit diesem Balkon ohnehin nicht verstehen, denn schließlich haben auch andere Häuser schöne Balkone – besonders hier in Verona.
Die Besuchermassen beschränken sich übrigens auf die Straßen (und eventuell die Geschäfte) der Stadt. Sobald man ein Eintrittsgeld entrichten muss, lassen sich die meisten abschrecken – und sei es nur 2,50 Euro für die Besichtigung einer Kirche. Ich habe mir sogar ein Kombiticket für vier Kirchen um wohlfeile sechs Euro gegönnt, was sich als gute Investition herausgestellt hat, denn Verona hat tatsächlich einige sehr schöne Kirchen. Die Informationsflut der (im Einheitspreis inbegriffenen) Audio-Touren war zwar im Endeffekt fast etwas zu viel, aber man kann die Kirchen ja auch genießen, ohne das genaue Entstehungsdatum und den Maler jedes Freskos zu kennen.
Schließlich hat Verona auch zwei Burgen zu bieten. Die eine, Castel San Pietro, liegt auf einem kleinen Hügel und ist daher von den Touristenmassen verschont geblieben: Entweder muss man nämlich mit der Standseilbahn hinauffahren (und das kostet), oder einige Stufen hinaufsteigen (und das ist anscheinend zu anstrengend). Dabei liegt diese Burg wirklich recht pittoresk und bietet von oben einen schönen Blick über die Stadt (siehe Titelbild).
Die zweite Burg, Castelvecchio, ist da schon beliebter. Vor allem bei Sonnenuntergang bietet die angeschlossene Brücke über die Etsch kitschige Ausblicke auf Fluss und Stadt.
Nach dem Abendessen bin ich noch ein wenig durch die Stadt spaziert – aber nicht zu lange, denn ich musste bis 20 Uhr mein Gepäck von der Gepäcksaufbewahrung am Bahnhof holen. Und bei der Wahl zwischen längerem Herumschlendern im nächtlichen Verona und dem Mit-nach-Hause-Nehmen meines Gepäcks habe ich mich für letzteres entschieden.