Mein zweites Wochenende in London war vorwiegend königlichen Palästen gewidmet: Ich habe sowohl Schloss Windsor als auch Hampton Court Palace einen Besuch abgestattet.
Am Freitag habe ich mich jedoch noch im Stadtzentrum aufgehalten, und einen ausgedehnten Spaziergang entlang des Regent’s Canal gemacht, nachdem mir der beim kurzen Hineinschnuppern am vergangenen Wochenende ganz gut gefallen hat. Am Freitag Vormittag war er auch viel ruhiger als am späten Sonntag Nachmittag – zumindest wenn man um das kurze Stück rund um Camden Market absieht. Der Markt hat sich aber immerhin gut für ein (frühes) Mittagessen geeignet. Ansonsten habe ich die Ruhe genossen – und rund um das Stück entlang vom Regent’s Park über die offensichtlich gut betuchten Anwohner gestaunt: Da sieht man mitunter nicht einmal mehr was von der Villa vor lauter Grün (aber „Privat“- und „Warnung vor dem Hunde“-Schilder machen die Besitzverhältnisse unmissverständlich klar).
Doch auch abseits des Regent’s Canal habe ich ein paar idyllische Ecken gefunden, so zum Beispiel den bereits erwähnten Regent’s Park oder die St Pancras Old Church praktisch direkt hinter dem gleichnamigen Bahnhof (an dem auch der Eurostar aus Frankreich angekommen ist).
Meine Abendbeschäftigung hat dann vielleicht weniger das Prädikat „idyllisch“ verdient, war aber dafür ebenso ein Genuss: Ich habe mir – knapp 20 Jahre nach meinem ersten Besuch am Broadway in New York – einen erneuten Besuch des Musicals „Wicked“ gegönnt.
Am Samstag war dann endlich Schloss Windsor an der Reihe. Dabei hat mich der Andrang ein wenig überrascht: Bereits am Donnerstag habe ich erst für 12:30 Uhr Karten bekommen. So war es ein gemütlicher Vormittag mit ein wenig Souvenir-Shopping in London, bevor ich den Zug nach Windsor genommen habe. Dort habe ich dann gemeinsam mit (gefühlt) hunderten anderen Touristen mir ein (frühes) Mittagessen gesucht, bevor ich mich mit (gefühlt) noch mehr Touristen durch das Schloss gewälzt habe. Dabei dürften die Touristen tatsächlich in Wellen auftreten: Obwohl mittlerweile alle Karten ausverkauft waren, war etwa um 12:00 Uhr die Schlange vor dem Eingang noch deutlich kürzer als um 12:30 Uhr, wie ich an der Reihe war. Gegen 15:00 Uhr dürften sie dann mehrere Tourbusse durchs Schloss getrieben haben, denn plötzlich waren die Räume extrem voll.
Ich habe mich aber von den Touristen nicht ablenken lassen, sondern mir in Ruhe von meinem Audioguide die Räumlichkeiten erklären lassen, sowohl in der St George’s Chapel (die übrigens mehr Kathedrale als Kapelle ist) als auch in den State Apartments. Leider ist im Inneren überall Fotografierverbot – angesichts der Menschenmassen allerdings auch nicht weiter verwunderlich.
Nach der Rückkehr nach London habe ich noch einen kurzen Abstecher in den Hyde Park gemacht, um mir mit dem Kensington Palace noch ein weiteres königliches Schloss zumindest von außen anzusehen.
Am heutigen Sonntag ist es schließlich nach Hampton Court Palace gegangen, der über Jahrhunderte die Residenz der britischen Herrscher war. Dieser Palast (und erst recht die zugehörige Parkanlage) ist riesig, und man könnte dort wohl Stunden verbringen – was ich im Endeffekt auch gemacht habe. Trotzdem habe ich mich auf die großen Highlights konzentriert, denn irgendwann raucht einem von den ganzen englischen Adeligen und den vielen Jahreszahlen ein wenig der Kopf.
Da hilft es natürlich, dass zwei der beliebtesten Rundgänge (durch jenen Teil des Palastes, der im Tudorstil errichtet wurde) mit Heinrich VIII. zu tun haben: Da kommen zwar viele (seiner) Frauen vor, aber zumindest spielt sich alles (ungefähr) zur gleichen Zeit ab. Begonnen habe ich mit dem Besuch der Küche, wo täglich für hunderte Hofleute auf sechs riesigen Feuerstellen gekocht wurde. Die Dimensionen sind auch heute noch beeindruckend, auch wenn nur ein kleines Feuer gebrannt hat.
Anschließend bin ich durch Heinrichs State Apartments gewandelt, die jenen in Windsor in Sachen Prunk eigentlich in nichts nachstehen. Was den Besuch noch stimmungsvoller gemacht hat waren drei Mini-Aufführungen von in zeitgenössischen Gewändern gekleideten Darstellern. Anlässlich des 400-Jahr-Jubiläums des ersten Drucks der gesammelten Werke von Shakespeare haben diese nämlich vorgegeben, als Teile der King’s Men, der Schauspieltruppe von Shakespeare, eine Theateraufführung am Hofe vorzubereiten. So haben sie auf sehr amüsante Weise auch ein wenig die Werke von Shakespeare in die Geschichte des Palastes verwoben (auch wenn Shakespeare eigentlich erst nach Heinrich VIII. gelebt hat).
Der Barockteil des Palastes sollte dann ganz anders sein – und doch wieder nicht: ebenso prunkvoll, aber eben mit eindeutigen Elementen des Barock, zum Beispiel manche Zimmer mit sehr bunten Deckengemälden. In diesem Teil habe ich mir nur noch die State Apartments von Wilhelm III. angesehen, auf die Paradezimmer seiner Frau Gemahlin habe ich dann verzichtet.
Stattdessen bin ich noch ein wenig durch den Garten spaziert, der sehr unterschiedlich angelegt ist: mal weite Wiesen, dann ein Irrgarten und Gemüsegarten, und andernorts ein geometrisch angelegter Garten im Versaille-Stil.
Nach der Besichtigung wollte ich ursprünglich ein Stückchen mit dem Boot auf der Themse zurück in Richtung Stadtzentrum fahren. Auf der Suche nach der Anlegestelle habe ich aber den Barge Walk entdeckt, einen Spazierweg entlang des Flusses. Nachdem ich nicht eine halbe Stunde auf das nächste Boot warten wollte, und mich der Weg nach rund fünf Kilometern bei einem Bahnhof wieder ausspucken sollte, bin ich einfach losmarschiert, und habe mir den Fluss auf diese Weise noch näher angesehen.
An meinem Ziel angekommen, sollte ein Email, dass ich zufälligerweise bei einem Wifi-Hot-Spot bekommen habe, dann noch meine Reisepläne für die nächsten 24 Stunden gehörig durcheinander wirbeln – aber das ist eine andere Geschichte!