Heute früh war es richtig kalt: Selbst im Tal (wenn man bei den knapp 1000 Höhenmetern, auf denen Matrei in Osttirol liegt, noch vom Tal sprechen kann) war die Temperatur nur knapp über dem Gefrierpunkt. Dafür war es aber sehr sonnig. Da konnte ich also nicht anders als mein Auto vom Eis zu befreien, mich warm einzupacken und wandern zu gehen.
Beim Start der Wanderung hatte es dann (aufgrund von rund 500 Höhenmetern mehr) sogar Minusgrade. Ich habe mich davon aber nicht abhalten lassen, sondern bin entlang des Gschlößbachs ins gleichnamige Tal gewandert. Die Landschaft hat sich dabei tiefverschneit präsentiert – nicht gerade das, was ich von meinem "Sommerurlaub" erwartet hätte(*), aber doch ganz pittoresk.
So bin ich also durch den Schnee gestapft – oder eigentlich nicht, denn der Wanderweg hat ausgesehen wie mit dem Heißluftfön präpariert: Überall ist Schnee gelegen, nur nicht auf dem dünnen Band des Wanderweges. Offensichtlich ist der Boden eigentlich noch zu warm, dass der Schnee liegenbleiben würde, aber das Gras bietet genügend Isolation (und das fehlt halt direkt am Weg). So oder so, ich habe also die Hohe Achsel(**) erklommen, und von dort zum ersten Mal einen Blick auf den Großvenediger am Ende des Tals geworfen.
Nach dem Abstieg zurück zum Fluss musste ich dann aber tatsächlich durch den Schnee stapfen, denn entlang des Flusses hat der Schnee auch den Weg bedeckt. Vielleicht war es die Hanglage, die bis spät in den Vormittag hinein Schatten bietet? Auf jeden Fall war ich offensichtlich der erste, der seit dem gestrigen Schneefall diesen Weg gegangen ist. Ein paar Pioniere, die die ersten Meter schon vor mir gespurt haben, haben sich offensichtlich von der ersten rund 20 Zentimeter tiefen Schneeverwehung abhalten lassen.
Ich bin aber weitergestapft und war alsbald in Innergschlöß, das eine wirklich atemberaubend schöne Lage im Talkessel am Fuße des Großvenedigers hat. Von der kleinen Siedlung bin ich dann noch ein wenig weiter ins Tal vorgedrungen: Eigentlich startet dort nämlich ein Weg hinauf zum Gletscher, doch angesichts der Witterungsverhältnisse habe ich dann doch schweren Herzens auf die 700 weiteren Höhenmeter Aufstieg verzichtet. Wie zur Mahnung hat sich dann auch noch die Sonne hinter den Wolken versteckt, die so langsam über die Bergspitzen gekrochen sind, und mich erinnert, wie kalt es im Schatten eigentlich noch immer war.
So habe ich mich als langsam wieder auf den Rückweg gemacht, wobei ich diesmal den Fahrweg genommen habe anstatt des Wanderwegs über die Hohe Achsel. Dabei habe ich auch noch einiges zu sehen bekommen: Als erstes hat mich eine in einen Felsblock gehauene Kapelle überrascht. Es hat sich herausgestellt, dass die ursprüngliche Kapelle zwei Mal durch Lawinen zerstört worden war, und so hat man sie im Jahre 1870 (nach der letzten Zerstörung) kurzerhand in den Felsblock verlegt.
Ein wenig später hat man dann noch einen grandiosen Blick übers äußere Gschlößtal (in Richtung Tauerntal). Praktischerweise ist genau dort auch eine kleine Bank in der Sonne gestanden – die erste schneefreie Bank, die ich heute finden konnte. Da habe ich diese kurzerhand für eine Mittagspause genützt.
Schließlich bin ich noch am Zusammenfluss von Dichten- und Tauernbach vorbeigekommen, die aber nicht einfach sanft zusammenfließen, sondern sich im Rahmen zweier Wasserfälle auf recht ungewöhnliche Art vereinen.
Nun war ich aber schon kurz vor halb zwei wieder beim Auto und bin vor der Frage gestanden, was ich mit dem angebrochenen Nachmittag noch anstellen soll. Ich habe mich dann für eine Wanderung am Staller Sattel entschieden, denn die war mit einer Stunde Dauer eine der kürzesten Wanderung aus meinem Wanderführer, und mit einer Höhe von rund 2000 Metern sogar auch eine der niedrigsten. Blöderweise hat das eine Stunde Fahrt bedeutet – allerdings ist der Staller Sattel nun mal am Ende des Defereggental, also kommt man um die lange Anfahrt leider nicht herum.
Oben am Pass angekommen hat mich gleich einmal leichter Schneefall begrüßt, und von der angesagten leichten Bewölkung konnte keine Rede sein. Ich habe mich trotzdem auf den Weg rund um den Obersee gemacht, und war offensichtlich gerade noch rechtzeitig, um einen Blick auf die andere Seite des Sattels in Richtung Italien zu erhaschen. Bald darauf haben tiefhängende Wolken nämlich wohl einiges von der Sicht genommen. Auch der Wanderweg um den See war ganz pittoresk – allerdings muss ich zugeben, dass ich ihn bei Sonnenschein wohl noch mehr genossen hätte.
(*) Man darf nicht vergessen, vor gerade einmal acht Tagen habe ich noch im Zeller See gebadet!
(**) Ja, diese Kuppe heißt wirklich so.