Das vergangene verlängerte Wochenende habe ich in Amsterdam verbracht – gemeinsam mit tausenden anderen Touristen, die offensichtlich dieselbe Idee hatten. Trotzdem: Mit seinen Kanälen und Backsteinbauten ist Amsterdam ein wirklich nettes Städtchen.
Bei meinen Erkundungen habe ich mich dann auch mehr auf das Stadtbild denn auf die Museen fokusiert; das Wetter war auch (großteils) einfach zu schön für einen ausgedehnten Museumsbesuch.
Begonnen habe ich an meinem ersten Nachmittag mit einem Spaziergang durch das Stadtzentrum. Dabei bin ich unter anderem auch am Begijnhof vorbeigekommen, der nach den Beginen (christlichen Laien, die praktisch ein Leben wie eine Nonne führen, allerdings ohne je ein Gelübde abgelegt zu haben) benannt ist. Wegen seiner Schönheit ist der Hof bei Touristen auch sehr beliebt; diese haben die zwei Einheimischen, die im Vorgarten ihres Hauses die Sonnenstrahlen des späten Nachmittags genossen haben, zahlenmäßig bei weitem geschlagen. Nachdem die Bewohner heutzutage keine Beginen mehr (allerdings weiterhin ausschließlich Frauen) sind, könnte es sein, dass sich die beiden ähnlicher Meinung waren wie eine Radfahrerin am zweiten Tag, die, als sie in einer engen Gasse einen auf der Straße schlendernden Touristen aus dem Weg klingeln musste, alle Welt wissen gelassen hat:
Fucking tourists! Fuck! Fuck!
Nachdem ich das Glück hatte, dass die niederländische Königsfamilie gerade keinen Empfang in Amsterdam gegeben hat, war auch der Königliche Palast für Besichtigungen geöffnet. Wenn man sich vor Augen hält, dass das Gebäude eigentlich gar nicht als Palast, sondern als Rathaus konzipiert war, ist die prunkvolle Ausstattung besonders imposant. Vor allem der Bürgersaal mit seiner in den Boden eingelassenen Weltkarte war sehr beeindrucken, doch auch die um den Bürgersaal und seine zwei Seitenflügel angelegten Repräsentationsräume können sich sehen lassen.
Mein Spaziergang hat mich schließlich auch kurz durch das Rotlichtviertel geführt, das ich mit seinen (tatsächlich rot dekorierten) Kabinen mit großen (Schau-)Fenstern zur Straße hin, in denen sich leicht bekleidete Damen auf ihre Kundschaft wartend räkeln, eher befremdlich gefunden habe.
Einen weitere Touristenattraktion habe ich bei meinen Spaziergängen nur mit einem meiner Sinne erfahren: Was in den "Coffeeshops" verkauft wird, war nämlich nicht zu überriechen.
Den zweiten Tag habe ich mit wohl der Attraktion der Stadt begonnen: dem Anne-Frank-Haus. Wenn man durch die kleinen Zimmer im Hinterhaus geht, in denen sich neun Personen für rund zwei Jahre versteckt gehalten haben, mag man sich gar nicht vorstellen, was das für sie geheißen haben muss. Noch betroffener ist man nur, wenn man dann das Buch mit den Namen aller von den Nazis ermordeten niederländischen Juden sieht, in dem Anne Frank nur einer von über 100.000 (!) Namen ist.
Der Rest das Tages war dann wieder etwas fröhlicheren Aktivitäten gewidmet: So habe ich beispielsweise das Hausboot-Museum besucht, das auf einem echten Hausboot eingerichtet ist. Dort habe ich gelernt, dass das Leben auf einem Hausboot zwar durchaus komfortabel sein mag – aber nicht für jemanden wie mich, der im Innern praktisch dauernd einen Schutzhelm tragen sollte.
Außerdem habe ich die Grachten zu Lande und zu Wasser erkundet: beim Herumschlendern entlang der diversen Kanäle rund um die Innenstadt, und im Rahmen einer kleinen Bootsrundfahrt durch die bekanntesten Kanäle. Dabei habe ich insbesondere die Prinsengracht unter die Lupe genommen; am frühen Abend dann auch noch von oben, nämlich vom Kirchturm der Westkirche aus.
Am Wochenende habe ich mir schließlich ein Rad ausgeborgt, um ein wenig die Umgebung von Amsterdam zu erkunden. Auch hier hat mich der Weg entlang von Grachten aus der Stadt hinaus geführt. Bald bin ich dann durch kleine pittoreske Städtchen geradelt, zwischen weiten Wiesen und Feldern, entlang von kleinen Kanälen mit Schrebergarten-ähnlichen Häusern – und das alles praktisch ohne andere Touristen. Diesen kleinen Einblick in die ländliche Niederlande habe ich sehr genossen.
Am Rückweg bin ich dann an den Windmühlen von Zaanse Schans vorbeigekommen – und dort waren sie dann wieder, die Touristen. Ich habe mich davon aber nicht beirren lassen und mir eine Öl- und eine Farbstoffmühle angeschaut. Auf die Touristengeschäfte hinter dem großen Parkplatz habe ich dann allerdings großteils verzichtet – wobei ich sagen muss, dass die kurze Vorführung über die Herstellung der typischen niederländischen Holzschuhe ganz interessant war.
Nachdem ich die Fähre zurück in Richtung Amsterdam genommen habe, bin ich noch am Kissing Couple XXXL vorbeigekommen, das vielleicht kaum klischeehafter sein könnte, aber trotzdem etwas hermacht.
Am heutigen letzten Tag meines Aufenthaltes habe ich mit dem Rad noch den Stadteil Amsterdam Noord, in dem sich auch meine Jugendherberge befindet, erkundet – eine interessante Mischung aus modernen Bauten, etwas heruntergekommen, aber wieder revitalisierten Werft- und Fabrikshallen, kleinen verträumten Gässchen und grünen Parks mit vielen Radwegen.
Wieder zurück auf der anderen Flussseite, etwas südwestlich des Stadtzentrums, habe ich dann mit einem weiteren grünen Park meine Radtour abgeschlossen: dem Vondelpark, der (insbesondere an einem sonnigen Sonntag) Treffpunkt von unzähligen Radfahrern und Sonnenhungrigen zu sein scheint.
Bei der Heimfahrt hätte ich mir dann schließlich fast doch noch die (angeblich) entspannende Wirkung eines Besuchs in einem Coffeeshops gewünscht: Bei Erspähen der Anzeige Ausfall
beim ICE zu meinem Nachtzug, der Auskunft vom Bahnschalter Nehmen Sie ersatzweise den IC in Richtung Nijmegen, in fünf Minuten von Gleis 4B – Run!
, dem Hineinhüpfen in ebendiesen Zug zwei Minuten vor Abfahrt, dem Herumsitzen im ICE in Arnheim (von wo er doch in Dienst gestellt wurde) während wir auf Anschlusspassagiere gewartet haben, der Ungewissheit wo ich meinen Nachtzug erreichen werde, dem Zusehen bei der Abfahrt meines Nachtzugs in Düsseldorf von meinem Sitzplatz im ICE, und dem endlichen Umsteigen am (ob der ausgefallenen Anzeigetafeln ein wenig im Chaos versinkenden) Bahnhof Köln in meinen Nachtzug nach Wien kann ich den alten Slogan Nerven sparen, Bahn fahren!
nämlich nicht ganz unterschreiben.