Der erste der Fixpunkte meiner Neuseeland-Route südlich von Auckland (um die herum die restliche Route geplant wurde) ist erreicht: das East Cape.
Das East Cape liegt fernab der üblichen Touristenrouten – darum hat es wohl auch bis zu meinem dritten Neuseeland-Aufenthalt gedauert, bis es mich dorthin verschlagen hat. Allerdings ist es eine wunderschöne Gegend Neuseelands.
Dabei ist bei der Erkundung oft der Weg das Ziel: Während der Fahrt entlang der Küste passiert es immer wieder, das man um eine Kurve kommt, und plötzlich tut sich ein grandioser Blick in die nächste Bucht auf, sodass man sich unweigerlich denkt: Oh, wow!
Leider macht es das als Alleinreisender auch etwas schwierig, das East Cape zu erkunden, denn man muss sich ja auch auf die Straße konzentrieren. Gottseidank ist es mir immer wieder einmal gelungen, einen Platz zum Stehenbleiben und Aussicht-Genießen zu finden (wenn auch nicht an allen Stellen, die mir lieb gewesen wären).
Neben der Küstenlandschaft gibt es auch einiges an Maori-Kultur zu entdecken, zum Beispiel kunstvoll geschnitzte Stelen und Portale von Maraes (Maori-Andachtshäusern). Gerade bei letzteren tue ich mir mit der Besichtigung aber etwas schwer, da ich nicht genau weiß, was erlaubt ist und was nicht. So habe ich meist eher respektvollen Abstand gehalten und die Schnitzereien nur aus der Ferne studiert.
Doch nicht nur Maori-Andachtshäuser, auch christliche Kirchen gibt es hier, wie zum Beispiel die anglikanische Kirche in Raukokore. Später bin ich auch an der Marienkirche in Tikitiki vorbeigekommen, die beides, den christlichen Glauben und die Maori-Kultur, gut verbindet: Von außen schaut sie wie eine typische dörfliche Kirche aus, aber innen ist sie mit Maori-Schnitzereien und Webarbeiten verziert.
Das East Cape hat seinen Namen übrigens nicht von ungefähr: Es ist der östlichste Punkt des neuseeländischen Festlandes (wenn man die Nordinsel als Festland bezeichnen will). Leider ist der Leuchtturm an der östlichen Landspitze gerade nicht zugänglich, da einige Winterstürme im Jahr 2022 den Weg schwer beschädigt haben (und die Schäden noch immer nicht vollständig behoben sind). Trotzdem bin ich die rund 20 Kilometer auf der Stichstraße zum Kap hinausgefahren, denn auch hier bietet die (Ufer-)Straße wieder tolle Ausblicke.
Doch auch in meinem Quartier oberhalb der Hicks Bay lässt es sich aushalten. Daher habe ich auch einen Nachmittag lang einfach die Aussicht genossen (und einen Regenschauer ausgesessen). Zuvor habe ich noch die mir zu Füßen liegende Bucht auf einem kleinen Spaziergang erkundet – oder vielmehr mich vom Haushund meiner Vermieterin herumführen lassen: Er hat wohl genau gewusst, wo ich hinwill, als ich mit Wanderschuhen aus der Tür gekommen bin, und ist einfach immer einige Meter vor mir hergelaufen – die ganze Strecke lang, für über eine Stunde! (*)
Die Fahrt an der Ostküste des East Cape nach Süden ist dann nicht mehr ganz so spektakulär, sondern eher ein wenig anstrengend zu fahren: Der Zyklon „Gabrielle“ hat im Februar 2023 viele Erdrutsche ausgelöst, die Straßen weggerissen haben, und die Wiederherstellungsmaßnahmen sind noch immer im Gange. Dementsprechend oft muss man (langsam) über Schotterstücke fahren, oder an einer Ampel vor einer einspurigen Stelle den Gegenverkehr abwarten.
Darüber hinaus verläuft die Straße über weite Teile nicht mehr direkt an der Küste, sodass einem die tollen Küstenblicke unterwegs versagt bleiben. Da bekommt man dann nur die grünen neuseeländischen Hügeln mit Schafherden zu Gesicht.
Für die Küstenblicke muss man dann Stichstraßen hinaus an die Küste fahren, was ich (unter anderem) in Tokomaru Bay und Tolaga Bay gemacht habe. Beide Buchten haben je einen außergewöhnlich langen Pier, der jeweils rund um den ersten Weltkrieg gebaut wurde, um das Verschiffen der lokal produzierten Güter zu erleichtern.
Tolaga Bay hat außerdem eine schöne kleine Wanderung zu bieten, den Cook’s Cove Walkway. Im Cook’s Cove hat tatsächlich Captain James Cook im Jahre 1769 Station gemacht und mit den Maori gehandelt. Heutzutage treiben sich dort nur noch die Schafe herum – aber schön ist die Bucht!
Erst ganz im Süden vom East Cape erreicht die Straße wieder für eine längere Strecke die Küste – und wenn ich mir die Wellen so ansehe, dann ist es wohl gut, dass die restliche Straße nicht an der Küste verläuft, denn sonst könnten Stürme wohl noch viel mehr anrichten.
(*) Gelegentlich hat er sich von irgendwelchen Gerüchen kurz ablenken lassen, aber er ist dann schnell wieder aufgetaucht, wenn ich einfach weitermarschiert bin.