Für heute war in Frankreich ein landesweiter Generalstreik angekündigt: Jegliche Transportmittel sollten bestreikt werden, ebenso einige andere Branchen (z. B. Apotheken). Zum Glück habe ich mir einen Puffertag gelassen – eigentlich für den Fall von Schlechtwetter (weil „Streik“ hatte ich nicht auf meiner „Könnte den Urlaub beeinträchtigen“-Bingokarte), aber das ist ja egal. Jedenfalls wollte ich mich heute auf eine Stadtbesichtigung von Nizza (in Gehdistanz von meiner Unterkunft) beschränken.
Im Endeffekt waren die Einschränkungen des Streiks(*) aber gar nicht so groß wie befürchtet: Laut Webseite der französischen Staatsbahnen sind neun von zehn TGVs und drei von fünf Regionalzügen planmäßig gefahren (wobei ich nach einem Blick in den Fahrplan das für die Regionalzüge entlang der Côte d’Azur sogar auf drei von vier erhöhen würde). Nur die Stadtbusse (nicht aber die Regionalbusse) sind komplett ausgefallen. So gesehen war die Entscheidung für eine Stadtbesichtigung vielleicht nicht die beste, aber ich wollte dann nicht mehr umdisponieren.
Also bin ich nach Süden zur Strandpromende, der Promenade des Anglais, marschiert, wo heute kein IRONMAN mehr im Gange war. So konnte ich die Promenade die gesamte Länge ungestört entlangspazieren und den Blick auf die langgestreckte Bucht von Nizza genießen.
Gegen Ende der Promenade bin ich dann in die Altstadt von Nizza abgebogen und bin dann durch deren engen Gassen geschlendert, von denen es auch hier genug gibt. Irgendwann hat mich mein Weg dann auch bei der Kathedrale von Nizza vorbeigeführt, die (wie sich herausstellen sollte) innen äußerst oppulent dekoriert ist.
Der 12-Uhr-Kanonenschuss(**) hat dann das Signal zum Aufbruch auf den Colline du Château gegeben, wo sich früher eine Burg (und damit das historische Zentrum Nizzas) befunden hat. Heutzutage sind nur noch wenige Ruinen übrig. Der Ausblick von oben ist aber weiterhin großartig. Die Instagrammer unter den Touristen sind aber anscheinend auch über den künstlichen Wasserfall sehr erfreut.
Ich habe mich hingegen fürs Weitermarschieren entschieden: Nachdem ich den Port Lympia schon von oben gesehen habe, bin ich auch einmal darum herum spaziert – und habe dann gleich den Küstenweg weiter nach Villefranche-sur-Mer genommen. Anfangs ist man dabei noch auf dem Gehsteig neben der (Haupt-)Straße unterwegs. Alsbald geht es aber hinunter (fast) direkt zum Meer, wo man dann entlang ähnlich schroffer Felsen wie schon am Cap d’Antibes unterwegs ist.
Abgeschlossen habe ich meinen Tag wieder mit einem Bad im Meer, diesmal eben in Villefranche-sur-Mer. Von dort bin ich dann ganz gemütlich mit dem (eben doch nicht wirklich bestreikten) Zug zurück nach Nizza gefahren.
(*) Hierzulande ist übrigens meistens gar nicht von „Streik“ sondern vielmehr von mouvement social national interprofessionnel
(auf Deutsch: „berufsübergreifende national soziale Bewegung“) die Rede, wobei die letzten beiden (bzw. auf Deutsch die ersten beiden) Adjektive anscheinend optional sind.
(**) Seit den 1860ern wird in Nizza jeden Tag um Punkt 12 Uhr mittags ein Kanonenschuss abgegeben. Eingeführt wurde das Ganze auf Betreiben eines Briten, der (so geht die Legende) seine Frau daran erinnern wollte, dass es Zeit für sein Mittagessen sei.